Con la Naturaleza
Kochen im Dschungel
Ein neuer Tag
Der Regen prasselt laut aufs Dach. Ich wache auf. Immer stärker trommelt es aufs Blech. Es ist dunkel. Ich taste nach meinem Handy und schau nach wie spät es ist.
Halb vier morgens. Ich lausche ein wenig den Dschungel Geräuschen und schlafe wieder ein. Trotz des Regens schlafe ich sehr tief und wache zwei Stunden später mit der Sonne wieder auf. Der Regen hat aufgehört irgendwann. Ich blinzle durch mein Mosquitonetz in den Wald hinaus. Alles ist grün und frisch. Alle möglichen Tiere unterhalten sich. Ich klettere die Holzleiter hinunter und strecke mich. Eine ziemlich große Spinne joggt vorbei. Ich putze mir die Zähne und genieße den Ausblick. Durch die Wolken blitzt weit hinten das Meer hindurch. Auf dem Weg zum Trockenklo lausche ich der lauten „Stille“. Durchs Klofenster beobachte ich einen Kolibri beim Frühstück. Zurück im Rancho schlüpfe ich in meine Yogahose und rolle meine tolle neue Travel Yogamatte aus.
Zum Holztisch hin ausgerichtet, denn da kann ich mein Handy gut aufstellen.
Youtube – Mady Morrison – go! 30 Minuten Morgenyoga. 😀
Es ist 6:15 als ich in der Freiluftdusche stehe. Kaltes Wasser weckt auch noch den Rest von mir auf.
Weite lange schwarze Hose, grünes Sport T-Shirt und weite Bluse mit Giraffen drauf. Lange Sachen wegen den Mosquitos. Es ist mir egal ob mein Outfit zusammenpasst oder meine Figur betont. Die Natur interessiert das nicht. Ich knote meine Haare wild zusammen und marschiere mit meinen erdbefleckten Barfußwanderschuhen hinüber zum Haupthaus. Genauer gesagt zur Küche.
Kater Bengal begrüßt mich stumm, als ich die Schiebetür aufmache und eintrete. Ich streichle ihn kurz und schnapp mir den Besen um einmal durchzukehren. Denn der Dschungel lebt und die Küche hat ein großes offenes Fenster – Der Dschungel – 3D – HD Fernseher. Die Sonne kämpft sich durch die Wolkendecke. Ich setze mich mit einem Glas Wasser zum Tisch und genieße den Ausblick.
Ein neuer Tag im Paradies!
Warum Dschungel statt Hotel am Strand?
Die nächsten Wochen werde ich hier auf der Finka(Farm) von Manuela und Guillermo verbringen.
Sie ist Vorarlbergerin, er aus Costa Rica. Gemeinsam bauen sie sich hier ihren Traum von einer Permakulturfarm auf. Guillermo hat die Finka schon 2013 gekauft und seine Ferien damit verbracht, der ehemaligen Kuhweide zu helfen sich wieder zu regenerieren. Manuela hat er bei einem Permakulturkurs kennengelernt. Beide haben dann kurze Zeit später, 2020 ihre Leben in Österreich und Deutschland aufgegeben und sind ganz hier hergezogen. In den letzten Jahren, haben sie ein wunderschönes Hausgebaut mit einem Gästezimmer, das sie vermieten. Bzw. ab nächster Woche bieten sie im „Jungle Hub“ Solitude Retreats für 1-2 Persoen an. Ich werde live dabei sein bei der ersten Retreat Woche. 🙂
Ich bin hier als Volunteer, das heißt ich helfe ein bisschen im Garten und in der Küche mit, dafür darf ich hier für drei Wochen abhängen.
Mitten in der Natur.
Vielleicht hast du dir beim ersten Absatz gedacht: „Ihh eine Spinne“, oder „Was, wie, die Dusche ist kalt und hat kein Dach?“ Meine Familie hat mich gefragt warum ich in dem Holzding schlafen MUSS und die anderen im Haus schlafen dürfen. ^^
Ich liebe das Holzding. Darum geht es mir ja. Die Komfortzone zu verlassen, mit der Natur zu sein, zur Ruhe zu kommen. Kein Schnick Schnack. Ich liebe das. In all meinen Reisen hab ich mich immer am wohlsten gefühlt, wenn ich an Orten war, wo es scheinbar keinen Luxus gab. In einer Lehmhütte ohne Wasserleitung in Bulgarien, In einem Zelt auf einem Vulkan in Indonesien, oder in einem alten Van in der Wüste von Australien. Denn wahrer Luxus ist für mich Zugang zur Natur. Zur richtigen Natur, nicht der totgepflegte 3m² Park um die Ecke. Die Berge, echte, alte Wälder, unbegradigte Flüsse, sauberes Meer. Wo findet man sowas schon heutzutage. Dabei ist es so wichtig. Für unsere Seele, für unseren Körper, für unsere Verdauung. Der Körper ist Teil der Natur und er vermisst sie bitterlich wenn wir uns vor ihr einsperren. Wir verbringen im Durchschnitt über 90% unserer Zeit Indoor. Und ja, es ist bequem, dass das Wasser immer warm ist, das der Kühlschrank immer voll ist, und alles was wir „brauchen“ vor die Tür geliefert wird.
Aber erst wenn man sich nach draußen begibt und wieder staunen lernt wie ein Kind, versteht man was wirklich wichtig ist.
Unter einem Baum braucht man nichts anderes als vielleicht ein Buch oder eine Hängematte. An einem schönen Strand(ohne All inclusive Hotel daneben) braucht man sonst vielleicht nur eine Kokosnuss alle paar Stunden. Man vergisst irgendwie seine Probleme und spürt wieder seine wahren Bedürfnisse. Ich glaube, dass diese ganze Konsumsucht (auch oder gerade wenn es ums Essen geht) unserer Gesellschaft daher ruht, dass wir versuchen ein Loch zu füllen, das durch unsere fehlende Verbindung mit der Natur – und damit mit dem Leben – entsteht. Deshalb ist es manchmal gut sich dem „Ungemütlichen“ bzw. unserem Ursprung zu stellen. Mal Campen gehen, oder eine lange Wanderung machen, oder Schlammbaden. Dreckig werden. Um uns wieder an den Wert unseres gemütlichen, sicheren Lebens zu erinnern.
Wieder Kind sein
Wir verlernen die Beziehung zur Natur irgendwann.
Als Kind hat man da keine Berührungsängste.
Draußen ist das Aufregendste, egal bei welchem Wetter. Alles ist interessant und wird angefasst. Kinder haben selten Angst vor Käfern oder Würmern. Alles wird untersucht, bespielt und manchmal auch gekostet, zur Freude aller Eltern. 😉
Die Folge ist ein starkes Immunsystem, ein reguliertes Nervensystem, Verbundenheitsgefühl, Natur- und Umweltbewusstsein, Freude und der Körper hat sich richtig gut und natürlich bewegt.
Irgendwann im Laufe unseres Lebens, wenn wir es oft genug von den Großen gehört haben, wird Erde zu Dreck, Insekten zu „Ihhh“, und feuchtes, kaltes Wetter zur Virenschleuder.
Für mich ist die Arbeit mit Kindern ein super Reminder mehr raus zu gehen. Im Kinderhaus gehen die Kinder jeden Tag raus in den Garten. Bei jedem Wetter. Kein Kind beschwert sich wenn es regnet oder kalt ist. Im Garten können sie so viele ihrer Bedürfnisse erfüllen. Rennen, klettern, dreckig werden, Erde schaufeln, usw.
Farm to Table Joy
Da ich hier auf einem Permakultur Hof hause, gibt es zum Frühstück einfach mal so eine Papaya direkt vom Baum, mit selbstgemachter Kokosmilch straight aus der Kokosnuss und homemade Granola. Dazu Wasser mit Limettensaft (ebenso aus dem Garten). Jeden Tag lerne ich neue Obst und Gemüsesorten kennen, deren Namen ich mir nicht merken kann, aber die super lecker sind. 😉
Jede/r der/die einen Gemüsegarten hat, weiß wie schön es ist, sein eigenes Gemüse zu ernten und zuzubereiten. Das ist eine GANZ andere Erfahrung als im Supermarkt tagelang angeleuchtete, nährstofflose Paradeiser zu kaufen, oder gleich eine fertige Pastasauce. Weil man die Natur mit isst. Das Essen beginnt schon beim schlendern durch den Garten. Die Freude um die schönen Pflanzen, und dass sie was geworden sind, die sensorische Wahrnehmung beim Ernten und waschen. Beim schneiden des Obst und Gemüses spürt und riecht man die Frische. Der ganze Körper ist bereit zur Nahrungsaufnahme.
Eine weitere Freude hier, ist das gemeinsame Kochen. Wir kochen meist zusammen. Manuela und Guillermo sind sehr kreativ in der Küche, ich hab mir schon so das eine oder andere abgeschaut. Vor allem von den costa-ricanischen Gerichten. Guillermo macht richtig gute „Finka Tacos“ Es handelt sich um selbstgemachte! Mais Tortillas mit Bohnenpaste, Avocado, Paprika/Chayote Gemüse und Käse(den ich mal ausgelassen hab). Einmal die Woche backen sie ihr eigenes Sauerteigbrot, dazu gibt es selbstgemachten Aufstrich. Sauerteig – Pizza ist auch wöchentlich am Speiseplan. Ich darf täglich meinen Brokkoli-Senf dazu geben, das heißt ich bin im 7. Himmel. Vor allem an der Schokoladenfront durfte ich mich schon ordentlich austoben. Ironischer Weise ist gute Schokolade nicht leicht zu finden in Costa Rica, also wenn man nicht 15€ pro Tafel zahlen will. Selber machen macht also Sinn. Wenn man zu Kakaomasse kommt, die ich zum Glück zufällig im Bioladen in Dominical gefunden hab.
Ich darf also Kochen. Im Dschungel. Mit und für liebe Leute. Inspiriert von der Natur und ihrer immerwährenden Symphonie.
Zwischendurch stecke ich meine Hände in die Erde, spaziere am Hof herum, zu den Obstbäumen, in den Dark Forest oder zum Teich, meditiere, spiele Gitarre und lerne Spanisch.
I have to say I love it!
– Wann warst du das letzte mal so richtig draußen?
Hast du gewusst, dass nur 10 Minuten spazieren in der Natur pro Tag schon einen riesen Unterschied macht für dein Immunsystem?
Also raus mit dir, am Besten mit Kindern, denn die wissen genau wie man mit der Natur verschmilzt.
Es wird dunkel
Es ist 7:30 Abends. Wir sind fertig mit Abendessen. Ein bisschen wird noch gequatscht, dann ziehen sich meine Hosts zurück. Ich atme tief durch und mache mich ans Abwaschen.
Dann kuschele ich noch eine Weile mit dem Kater und checke meine Mails, schreibe an diesem Blog. Dann stehe ich auf, schnapp mir meine Taschenlampe, denn es ist bereits stockdunkel. Langsam gehe ich zurück in mein Outdoor Schlafgemach. Ich versuche nicht die eine böse Schlange zu stören die Nachts hier ihr Unwesen treibt. Böse weil eher blöd wenn man gebissen wird. Sonst gibt es aber nicht wirklich etwas von dem man Angst haben müsste. Der Puma der hier irgendwo herum läuft hat hoffentlich besseres zu tun als mich zu besuchen. Es beginnt zu tröpfeln. Schnell husche ich unter das Dach meines vorübergehenden Heimes und schalte die Lichterkette ein. Zirp zirp, quak quak. Jetzt nehme ich wieder das Konzert des Waldes wahr. Ich zieh mir meinen Pyjama an und klettere ins Bett hinauf. Ich schreibe noch ein paar Zeilen in mein Reise-Tagebuch und sinke müde und zufrieden in einen unendlich tiefen und traumreichen Schlaf.